Sonntag, 26. Januar 2014

Montreux | Friedenskonferenz


Die Konferenz in Montreux zur Gestaltung der Zukunft Syriens hat begonnen, Freitag geht es in Genf weiter und unser alter neuer Außenminister Frank Walter Steinmeier hat schon von sich gegeben, dass man keine Wunder erwarten dürfe. Halt stopp! Denn ein Wunder hat es ja schon gegeben. Wunder weil wunderlich.
Auf wunderliche Art und Weise sind Fotos von Gefolterten aufgetaucht, die ein anonymer Fotograf mitgehen lassen haben will. Solche Fotos würden angefertigt um der Bürokratie in Syrien zu beweisen, dass die aufgetragenen Hinrichtungen ordnungsgemäß erfolgten. 11.000 Tote, 55.000 Fotos. Wunderlich, dass diese Fotos ausgerechnet zum Zeitpunkt der Syrien-Konferenz auftauchen. Genauso wunderlich wie der Giftgasanschlag in Damaskus, der sich genau dann ereignete, als eine UN-Truppe im Lande war um genau DAS zu klären, nämlich ob Assad Giftgas einsetzt. Die deutsche UN-Mitarbeiterin Angela Kane machte später deutlich, dass eben nicht klar gesagt werden könne, wer den Anschlag begangen hat. Klar sei nur, DASS es einen Angriff gegeben habe, aber nicht von WEM. Das haben unsere Leitmedien dann aber leider vergessen an die große zu Glocke zu hängen. Unsere Leitmedien haben stündlich darüber berichtet, dass der Despot Assad sein eigenes Volk vergast. Dass es wahrscheinlich ist, dass es eben genau die Regierungsgegner waren, um den Inspekteuren auch etwas zu liefern, verlief im Sande.
Zufall? Nein, Propaganda! Als Edward Bernays gleichnamiges Buch „Propaganda“ 1928 erstmals erscheint, ruft das Wort keine guten Assoziationen hervor. Sein Autor jedoch glaubt zutiefst an die Notwendigkeit von Propaganda. Da der Begriff sich nicht so einfach rehabilitieren lässt, prägt er dafür in seinem Buch ein anderes Wort: Public Relations. Der Neffe Sigmund Freuds berichtet in seinem Buch, das auch Goebbels inspirierte, wie sich über den gezielten Zugriff auf das Unbewusste Waren verkaufen oder unpopuläre Maßnahmen durchsetzen lassen. Zitat: „Propaganda gewöhnt die Öffentlichkeit an den Wandel und den Fortschritt.“ Propaganda oder auch PR wurde seit je her benutzt um Kriege durchzusetzen. Der dreisteste Fall ist vielleicht derjenige, der uns den Golfkrieg 2.0 verkaufen sollte. Die kuwaitische Regierung hatte damals aus dem Exil die PR-(oder Propaganda) Agentur Hill & Knowlton für zehn Millionen Dollar beauftragt, dem US-Kongress ein Eingreifen des US-Militärs zu Gunsten Kuwaits schmackhaft zu machen.
Aus Wikipedia: „Die damals fünfzehnjährige Tochter des kuwaitischen Botschafters Saud Nasir as-Sabah gab sich als kuwaitische Hilfs-Krankenschwester aus und gab vor einem informellen Menschenrechtskommittee des US-Kongresses unter Tränen eine Erklärung ab: Sie habe freiwillige Arbeit im Al-Adnan-Krankenhaus in Kuwait-Stadt geleistet und sei dabei Zeugin des Eindringens irakischer Soldaten geworden. Sie sagte: „Ich habe gesehen, wie die irakischen Soldaten mit Gewehren in das Krankenhaus kamen …, die Säuglinge aus den Brutkästen nahmen, die Brutkästen mitnahmen und die Kinder auf dem kalten Boden liegen ließen, wo sie starben.“ Sie gab lediglich ihren Vornamen mit „Nayirah“ an. Erst sehr viel später stellte sich heraus, dass ihr Bericht falsch bzw. erfunden war, dass die Jugendliche nie dort gearbeitet hatte, und dass sie die Tochter des kuwaitischen Diplomaten war. […] Die Darstellung der Jugendlichen hatte eine durchschlagende Wirkung auf die Politik der USA gegenüber dem Irak. Präsident George H. W. Bush erwähnte deren Geschichte in den nächsten fünf Wochen sechs Mal. Aber auch Amnesty International veröffentlichte am 19. Dezember 1990, über drei Monate nach dem Auftritt des Mädchens, einen 84-seitigen Bericht über Menschenrechtsverletzungen in Kuwait, welche die Brutkästen-Behauptung enthielt. Sie wurde auch noch am 8. Januar 1991 von einem führenden Mitarbeiter von Amnesty International vor dem Komitee für auswärtige Angelegenheiten wiederholt. Der US-Senat stimmte schließlich am 12. Januar 1991 mit 52 zu 47 Stimmen für einen Krieg gegen den Irak, was 1991 zum Zweiten Golfkrieg führte. Das Repräsentantenhaus stimmte mit 250 zu 183 Stimmen für den Krieg.“ Ganz großes Kino!
Nur ein Beispiel von vielen. Zurück nach Syrien: Nachdem die Strategie des Überschreitens der roten Linie, Giftgas gegen das eigene Volk, unter anderem am Widerstand Russlands scheiterte, nun die Fotos von Folteropfern des Assad-Regimes. Der Spiegel schreibt: „Die Veröffentlichung (der Fotos) wird die Friedenskonferenz in der Schweiz beeinflussen.“ Richtig, das sollen sie ja auch. Oder ist es doch nur Zufall, dass die Fotos zeitgleich mit der Konferenz auftauchen?! „In politics, nothing happens by accident. If it happens, you can bet it was planned that way.“ Franklin D. Roosevelt. Zum Spiegelartikel
Die Fotos zeigen deutlich Verletzungen, aber auch nichts weiter. Keine Hinweise auf Ort, Zeit oder Täter. Ähnlich wie bei der Tötung Osama bin Ladens. Als Beweis für den Tod bin Ladens verkauften uns die US-Propagandisten dieses Foto. Auch einige Bilder in schlechter Qualität vom Tatort im pakistanischen Abbottabad, die unter anderem einen Blutfleck zeigen sollen, existieren, aber kein toter bin Laden. Die Leiche hat man praktischer Weise direkt im Meer versenkt. Da haben die Spin-Doctors ganze Arbeit geleistet.
Wer das politische Schachbrett kennt, weiß dass Syrien als Eingang in den Iran gilt. Wer es nicht kennt, möge sich mit Zbigniew Brzezinskis Machwerk „The grand chessboard“ befassen. Die frisch gewählte schiitische Rohani-Regierung in Teheran unterstützt die schiitische Regierung unter Assad. Das ehemals persische Reich erlangt neues Selbstwertgefühl und zeigt dies auch, entsendet sogar zwei Kriegsschiffe in den Atlantik. Der Iran wird mehr und mehr von den westlichen Nationen als Staat wahrgenommen, mit dem man verhandeln kann und muss. Das passt einigen Verbündeten in der Region Naher Osten so gar nicht. Für Israel zum Beispiel war es eine heftige Ohrfeige am 5+1-Treffen nicht Teil nehmen zu dürfen. Weshalb wohl der Iran kurze Zeit vor der Syrien-Konferenz wieder ausgeladen wurde. „Auf Druck der USA“ hieß es, „Druck der USA“ heißt wohl, dass sich die mächtigen zionistischen Lobbyverbände in Washington für ein Fernbleiben des Irans stark gemacht haben. Das sunnitische Saudi Arabien dürfte ebenfalls seinen Part dazu beigetragen haben, den verhassten schiitischen Iran von der Konferenz fern zu halten. Für den Westen geht es wie immer um Rohstoffe, für die Region auch um Religion – Sunniten, Schiiten und zionistische Juden in Israel.
Kommen wir wieder zu den Fotos der Folteropfer, oder besser zu Folter im Allgemeinen. Wenn jetzt Folter, so verwerflich und abscheulich sie ist, als Grund herangezogen wird, eine Militärintervention der NATO zu rechtfertigen, dann haben wir noch einiges vor der Brust. Auch hier in Europa und bei Verbündeten wie Saudi Arabien, Katar, Israel und viele andere. Manfred Nowak war UNO-Sondergesandter für Folter von 2004 bis 2010. Der Österreicher be- und untersuchte Länder auf der ganzen Erde, er sprach mit Opfern und Tätern. Er klagt an, dass in vielen Ländern Polizei beziehungsweise Militär schlecht ausgebildet und ausgestattet sind und somit keine andere Möglichkeiten haben als zu foltern um Ermittlungserfolge zu erzielen. Laut Nowak wird in 90 Prozent der Länder gefoltert. Schlimmer noch: „Folter ist ein Standard-Repertoire der Kriminalpolizei, auch in Demokratien“, so Nowak. Für seine Untersuchungen ist er auf die Kooperation der Staaten angewiesen, die gesamte arabische Welt, die USA und Russland verweigerten ihm die Zusammenarbeit. Die USA haben mit 9/11 und den darauf folgenden „War on Terror“ die menschenrechtliche Unantastbarkeit des Folterverbotes aufgehoben. Manfred Nowak wurden Gespräche mit Gefangenen in Guantanamo verweigert. Neben seinem Buch „Folter: Die Alltäglichkeit des Unfassbaren“ befasst er sich auch mit Verbrechen in den CIA-Geheimgefängnissen wie in Abu-Ghuraib und der Methode des „Detention by Proxy“, eine beliebte Methode um sich die eigenen Hände nicht schmutzig zu machen, man lässt einfach durch andere Länder foltern. Oder dem „Prison of darkness“ in der Nähe von Kabul, das er als schreckliche Steigerung von Guantanamo sieht. Manfred Nowak war im Januar 2002 Richter am internationalen Gerichtshof in Bosnien Herzegowina, dort bekam er mit, wie sechs freigesprochene Häftlinge von der CIA verschleppt und nach Guantanamo gebracht wurden. Die sechs wurden beschuldigt einen Anschlag auf die US-Botschaft in Sarajevo geplant zu haben und von Nowak, mangels Beweise, freigesprochen. Einer befindet sich noch immer dort.
Auch Isolationshaft ist Folter und findet statt. Zum Beispiel bei unserem Verbündeten Israel, wo Mordechai Vanunu elf Jahre in Isolationshaft verbringen musste, weil er das israelische Atomwaffenprogramm auffliegen lies.
Anfang 2013 traten tausende palästinensische Häftlinge in Israel in den Hungerstreik, als laut wurde, dass ein Häftling an den Folgen von Folter durch die Israelis gestorben sein soll. Die Haftbedingungen in den meisten israelischen Gefängnissen beschreibt Nowak auch als Folter.
Und tippe ich „Folter Saudi Arabien“ bei Google ein, spuckt die Suchmaschine 196.000 Ergebnisse aus. Saudi Arabien – einer unserer fettesten Homies da unten, der größte Abnehmer deutscher Rüstungsgüter.
KenFM im Gespräch mit Karin Leukefeld über: Syrien-Konferenz in Montreux

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